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Handys mit Fingerabdrucksensor: Darf die Polizei einen Beschuldigten zum Entsprerren seines Telefons zwingen?

Ein Gericht in den USA hat entschieden, dass Beschuldigte zum Entsperren ihres Mobiltelefons mittels des Fingerabdrucksensors gezwungen werden dürfen. Der Fall könnte dort zu geltendem Recht werden. Wie sieht die Rechtslage in Deutschland aus?


Mehrere Mobiltelefonhersteller bieten Telefone mit Fingerabdrucksensoren an. Anstatt eines Passwortes soll der Finger auf dem Sensor das Gerät entsperrt. Ein Fingerabdruck sei einmalig und damit fälschungssicher, so die Hersteller. Somit sei der Zugriff auf die sich auf dem Telefon befindlichen Daten am besten geschützt. Zudem sei es viel einfacher und komfortabler, sein Handy mit dem Fingerabdruck zu entsperren, als jedes Mal ein kompliziertes Passwort einzugeben.

Im Gericht im US-Bundesstaat Virginia entschied in der letzten Woche nun, dass die Polizei einen Beschuldigten zum Entsperren seines Telefon mittels des Fingerabdrucksensors zwingen darf.

Es ging um einen Fall von häuslicher Gewalt. Die Polizei erhoffte sich auf seinem Smartphone weitere Beweise gegen den Mann. Der weigerte sich und wurde schließlich von der Polizei gezwungen. Das Gericht gab den Polizisten recht. Der Fall wird nun vermutlich die nächsten Instanzen beschäftigen und könnte dann in den USA zu geltendem Recht werden.

In Deutschland wurde ein vergleichbarer Fall bislang nicht entschieden. Hier gilt, wie auch in den USA, zunächst der Grundsatz, dass sich ein Beschuldigter nicht selber belasten muss. Er kann also die Aussage verweigern und muss auch keine Passwörter bekannt geben. Er muss auch seinen Computer oder sein Smartphone nicht selber aktiv bedienen und so die Ermittlungen gegen sich fördern.

Allerdings muss ein Beschuldigter auf gerichtliche Anordnung hin die Abgabe des Fingerabdrucks und einer Speichelprobe zulassen. Diese Maßnahmen dürfen sogar mit Zwang durchgesetzt werden. Sinn und Zweck der zugrundeliegenden Regelungen in der Strafprozessordnug ist, dass Spuren, die beispielsweise an einem Tatort gefunden wurden, mit denen des Beschuldigten abgeglichen werden können. Ein solcher Vergleich kann be- aber auch entlastend für den Beschuldigten sein. Es steckt aber auch die Gesetzessystematik dahinter, dass bereits bekannte Spuren zum Auffinden und Überführen des Täters führen können sollen.

Die Entsperrung eines Mobiltelefons soll hingegen dem Auffinden neuer Beweise gegen den Besitzer des Telefons dienen. Das ginge über den Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung hinaus und die Norm dürfte nicht als Grundlage für eine solche Ermittlunsgmaßnahme herangezogen werden.

Dass ein Polizist den Finger eines Beschuldigten auf den Fingerabdrucksensor drückt und somit das Telefon entsperrt, ist derzeit nicht denkbar, da es eine Zwangshandlung wäre, für die es keine gesetzliche Grundlage gibt. Ein Beschuldiger muss sich nicht zum Beweismittel gegen sich selber machen. Die Ausnahmen, wie etwa eine Speichelprobe oder Abgabe von Fingerabdrücken, sind gesetzlich streng geregelt.

Denkbar wäre auch, dass die Polizei aus dem abgegebenen Fingerabdruck eine Nachbildung modeliert und damit das Telefon entsperrt. Das die Modelierung eines Fingerabdrucks technisch möglich ist und damit ein Sensor "getäuscht" werden kann, hat der Chaos Computer Club bereits vor Jahren gezeigt. Fraglich wäre dann aber immer noch, ob es sich dabei nicht um die Umgehung einer gesetztlichen Regelung handlen würde.


05.11.2014 09:18 Alter: 9 Jahr(e)
Kategorie: Strafrecht
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